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28. April 2025 / Mikroplastik

Mikroplastik im Salat – Warum selbst gründliches Waschen nicht schützt

Aktuelle Forschung zeigt, dass Mikroplastik über die Luft direkt in Salat und anderes Blattgemüse eindringt. Einmal aufgenommen, lässt es sich selbst mit gründlichem Waschen nicht mehr entfernen.

Salat "atmet" Mikroplastik aus der Luft ein Salat nimmt Mikroplastik aus der Luft über kleinste Blattporen auf – einmal im Blattinneren, bleiben die Partikel auch bei sorgfältigem Waschen im Gemüse.

Mikroplastik – winzige Plastikpartikel unter 5 Millimetern Größe – hat inzwischen nahezu überall Spuren hinterlassen. Es wurde in Gewässern, Böden, der Luft und sogar im menschlichen Körper gefunden. Eine neue Studie schlägt nun Alarm: Selbst frischer Salat kann mit unsichtbarem Mikroplastik belastet sein, das tief im Blattgewebe steckt. Das Perfide daran: Die Pflanzen nehmen Mikroplastik direkt aus der Luft auf – gründliches Waschen der Blätter entfernt diese Partikel nicht. Was bedeutet das für uns Verbraucher? Und wie kann man sich schützen?

Pflanzen nehmen Mikroplastik aus der Luft auf

Längst schwebt Mikroplastik auch in der Luft, vor allem in Großstädten. In Metropolen wie Paris, London oder Shanghai wurden teils bis zu 2.500 Plastikpartikel pro Kubikmeter Luft gemessen. Pflanzen sind dieser “Plastik-Luft” schutzlos ausgesetzt. Die aktuelle Studie im Fachjournal Nature zeigt erstmals, dass diese Partikel nicht nur auf den Blättern haften bleiben, sondern durch die Blätter hindurch in die Pflanze gelangen .

Die Forscher der Nankai University in China fanden heraus, dass Blattgemüse Mikroplastik regelrecht einatmet. Pflanzenblätter besitzen winzige Poren (sogenannte Stomata), durch die sie Gase wie Kohlendioxid aufnehmen – ähnlich wie wir Menschen durch unsere Nase atmen. Genau durch diese Öffnungen können aber auch Plastikpartikel eindringen. Im Labor reichte bereits ein Tag in mit Mikroplastik angereicherter Luft aus, um Plastik (Polyethylenterephthalat, PET) im Blattgewebe von Maispflanzen nachzuweisen. Wurden die Spaltöffnungen der Blätter zuvor chemisch geschlossen, sank die Aufnahme drastisch – ein klarer Beleg dafür, dass die Partikel über offene Blattporen in die Pflanze gelangen.

Mikroplastik tief im Gewebe – Waschen hilft nicht

Einmal durch die Blattöffnungen eingedrungen, bewegen sich die Plastikteilchen zwischen den Zellen der Pflanze voran. Die Studie beobachtete, dass die Partikel entlang des sogenannten apoplastischen Weges – also in den Räumen zwischen den Zellwänden – bis tief ins Innere des Pflanzengewebes wandern. Dort lagern sie sich ab und können sogar in gefäßartige Strukturen (das Leitgewebe der Pflanze) gelangen. Selbst spezielle blattoberflächliche Härchen (Trichome) dienen als eine Art Sackgasse, in der sich Mikroplastik ansammelt. Wichtig: Vor den Messungen wurden alle Blätter gründlich gewaschen, um Oberflächenverschmutzungen zu entfernen. Die gefundenen Plastikmengen stammen also tatsächlich aus dem Pflanzeninneren.

Die Ergebnisse sind alarmierend. An stark belasteten Messorten fanden die Wissenschaftler Kunststoffkonzentrationen in fünfstelliger Höhezehntausende Nanogramm Plastik pro Gramm getrockneter Blattmasse. Ältere, äußere Salatblätter wiesen deutlich mehr Mikroplastik auf als jüngere, innere Blätter, was auf eine schleichende Anreicherung über die Zeit hindeutet. Das erklärt, warum gründliches Waschen eines reifen Salatkopfes nicht ausreicht: Die Partikel sitzen tief im Blattgewebe und lassen sich nicht einfach abspülen. Bisher ging man davon aus, dass Mikroplastik vor allem über kontaminierte Böden und Wurzeln in Pflanzen gelangt. Doch die neue Studie zeigt, dass die Aufnahme über die Luft ein mindestens ebenso wichtiger Weg ist – und offenbar sogar effizienter als über die Wurzeln.

Ein weiterer Befund: Im Vergleich verschiedener Anbaumethoden zeigte sich, dass Freiland-Gemüse viel stärker belastet war als solches aus geschütztem Anbau. Offen angebautes Blattgemüse enthielt 10- bis 100-mal höhere Mikroplastik-Konzentrationen als vergleichbares Gemüse aus dem Gewächshaus. Das geschlossene Umfeld eines Gewächshauses bietet also einen gewissen Schutz vor Einträgen aus der Luft.

Mikroplastik auf unserem Teller – neue Risiken für Verbraucher

Die Tatsache, dass Mikroplastik nun sogar im Inneren von Salatblättern nachgewiesen wurde, eröffnet neue Risiken für uns Verbraucher. Denn sobald wir einen solchen Salat oder anderes Blattgemüse essen, gelangen die Plastikpartikel direkt in unseren Körper. Das Gleiche gilt für Tiere: Pflanzenfressende Insekten oder Nutztiere nehmen die belasteten Blätter auf, und so kann sich das Plastik entlang der Nahrungskette anreichern – bis auf unseren Teller.

Mikroplastik ist in der menschlichen Nahrung längst keine abstrakte Möglichkeit mehr, sondern Realität. Untersuchungen fanden bereits Plastikpartikel in Trinkwasser, Meersalz, Meeresfrüchten und sogar in Muttermilch. In einer Studie aus Rom enthielten 75 % der getesteten Muttermilch-Proben Mikroplastik. Ähnlich erschreckend: Selbst in der Plazenta ungeborener Babys wurde Mikroplastik nachgewiesen. Jeder Mensch nimmt Schätzungen zufolge unbemerkt etwa 5 Gramm Plastik pro Woche auf – ungefähr so viel wie eine Kreditkarte.

Welche Folgen für die Gesundheit das hat, ist Gegenstand aktueller Forschung. Erste Ergebnisse sind besorgniserregend: Im Labor wurden Mikroplastikpartikel beobachtet, die sich an menschliche Zellen heften und deren Membranen mechanisch beschädigen. Die winzigen Teilchen können Entzündungsreaktionen auslösen und dauerhafte Zellschäden verursachen. Außerdem wirken Plastikpartikel wie Träger für andere Schadstoffe – an ihrer Oberfläche reichern sich z.B. toxische Chemikalien oder Keime an. Gelangen diese Partikel in Organe, könnten sie dort schädliche Prozesse begünstigen. Tatsächlich wurden Mikroplastikfragmente bereits in verschiedenen menschlichen Geweben gefunden, unter anderem im Blut, in der Lunge, im Gehirn und in der Leber. Zwar sind die genauen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit noch nicht vollständig geklärt. Doch Experten sehen mögliche Zusammenhänge mit chronischen Entzündungen, hormonellen Effekten oder sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sicher ist: Je länger sich Mikroplastik im Körper ansammelt, desto größer das Risiko unbekannter Langzeitfolgen.

Tipps: So lässt sich das Risiko verringern

Angesichts dieser neuen Erkenntnisse fragen sich viele Verbraucher, wie sie die Belastung durch Mikroplastik im Essen möglichst gering halten können. Vollständig vermeiden lässt sie sich zwar kaum, aber es gibt einige Maßnahmen, die das Risiko reduzieren:

  • Bio-Produkte aus geschütztem Anbau bevorzugen: Greifen Sie wenn möglich zu Obst und Gemüse, das in Gewächshäusern oder unter Folientunneln angebaut wurde. Dort ist die Luftbelastung mit Mikroplastik deutlich geringer als im Freiland – ein aktueller Vergleich fand bis zu 100-fach niedrigere Werte in Gewächshaus-Gemüse (Microplastics Make It into Your Food through Plant Leaves | Scientific American). Insbesondere Bio-Betriebe setzen häufiger auf geschützten Anbau, was zusätzlich vor Schadstoffeinträgen schützen kann.

  • Selbst anbauen – am besten im Innenbereich: Wer die Möglichkeit hat, kann Salat und Kräuter im eigenen Garten oder sogar in der Wohnung (z.B. in Hydrokultur oder Indoor-Gewächshäuschen) ziehen. In Innenräumen ist die direkte Belastung durch Außenluft-Plastik geringer. Wichtig: Nutzen Sie möglichst pflanzenerde ohne Kunststoffe (einige Billig-Blumenerden enthalten Kompost aus Plastikabfällen) und vermeiden Sie Plastikgefäße, um nicht neue Quellen für Mikroplastik einzubringen.

  • Pflanzen und Lebensmittel abdecken: Sowohl im Garten als auch in der Küche lohnt es sich, Lebensmittel vor herumfliegenden Partikeln zu schützen. Im Freiland können feinmaschige Netze oder Folien über Beeten verhindern, dass sich Mikroplastik aus der Luft auf die Blätter setzt. Und zu Hause gilt: Decken Sie gewaschene Salate oder offen stehende Speisen ab. Selbst in Innenräumen schweben Mikroplastikteilchen aus Hausstaub (etwa von synthetischen Textilien) umher und können sich auf unseren Tellern ablagern (Mikroplastik in Lebensmitteln) (Mikroplastik in Lebensmitteln). Abdeckhauben, Frischhaltedosen aus Glas oder einfach ein Teller als Deckel helfen, zusätzlichen Plastikeintrag in unsere Nahrung zu vermeiden.

  • Innovative Anbaumethoden unterstützen: Informieren Sie sich über lokale Indoor-Farming-Projekte oder Vertical Farming in Ihrer Stadt. Dabei wird Gemüse ganzjährig in geschlossenen, kontrollierten Umgebungen (oft Hochhäusern oder Container-Farmen) angebaut. Solche Farmen können die Pflanzen vor Außenluftverschmutzung schützen und könnten in Zukunft eine sauberere Alternative zum Freilandanbau darstellen. Als Verbraucher können Sie Produkte aus solchen Projekten ausprobieren oder deren Entwicklung verfolgen.

Natürlich gelten weiterhin allgemeine Tipps zur Mikroplastik-Vermeidung: Weniger Plastikverpackungen nutzen, Leitungswasser statt Wasser aus Plastikflaschen trinken, und auf synthetische Kleidung verzichten, die viele Fasern an die Umwelt abgibt. Jede vermiedene Plastikquelle trägt letztlich dazu bei, die Gesamtbelastung zu senken (Mikroplastik in Lebensmitteln).

Fazit: Umweltverschmutzung eindämmen bleibt das A und O

Die Entdeckung von Mikroplastik im Inneren von Salatblättern führt uns drastisch vor Augen, wie weitreichend die Plastikverschmutzung der Umwelt bereits ist. Selbst scheinbar “natürliche” und gesunde Lebensmittel bleiben nicht verschont. Für uns Verbraucher heißt das, wachsam zu sein und wo möglich gegenzusteuern – völlig vermeiden können wir Mikroplastik im Essen aber kaum, solange die Umwelt so stark belastet ist.

Umso dringlicher ist es, den Eintrag von Plastik in die Umwelt zu reduzieren. Wissenschaftler und Umweltschützer fordern strengere Maßnahmen, damit weniger Mikroplastik in Umlauf gerät (Neue Studie: Mikroplastik kann Zellen schädigen). Dazu gehören etwa Verbote unnötiger Plastikprodukte, bessere Filtersysteme für Industrie und Verkehr (Reifenabrieb ist z.B. eine große Mikroplastikquelle) und verstärkte Recycling-Anstrengungen. Jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten, aber vor allem ist die Politik gefragt, klare Regeln zu setzen und Innovationen zu fördern, die Plastik ersetzen.

Mikroplastik im Salat mag heute noch schockieren – doch ohne Gegenmaßnahmen könnten solche Meldungen morgen zur traurigen Normalität werden. Es liegt in unser aller Interesse, die Plastikflut einzudämmen, damit unsere Nahrung und unsere Umwelt wieder sauberer werden. Die aktuelle Studie dient als deutliche Mahnung: Nur wenn wir die Ursachen bekämpfen, müssen wir uns in Zukunft weniger um Plastik auf unseren Tellern sorgen.